Computeranwendungen & Quantitative Methoden in der Archäologie

 

3. Workshop der AG CAA

20.–21.1.2012
Bamberg


Die AG Computeranwendungen und Quantitative Methoden in der Archäologie e.V. und das Institut für Archäologie, Denkmalkunde und Kunstgeschichte der Otto-Friedrich-Universität Bamberg haben
am 20.–21. Januar 2012 der an  Universität Bamberg den 3. CAA-Workshop veranstaltet. Wie in den Vorjahren trafen sich Vertreter verschiedener Disziplinen, die sich mit Computeranwendungen und quantitativen Methoden in der Archäologie beschäftigen, die Möglichkeit geben, um über laufende Forschungsprojekte oder Abschlussarbeiten zu berichten sowie über die Möglichkeiten und Grenzen verschiedener Methoden zu diskutieren.

Im Anschluss wurden in Computerpools der Universität zwei Softwaretutorials angeboten, dieses mal Einführungen in die Programme R (Statistik) und gvSIG (GIS).

Nach den beiden voran gegangenen Veranstaltungen in Bonn (2010) und Mainz (2011) erfreute sich auch der Bamberger Workshop einer erfreulich hohen Besucherzahl (ca. 100) und war geprägt von einer angeregten Diskussionsatmosphäre.


Einige der Vorträge fanden Berücksichtigung in einem Artikel über "Computer in der Archäologie" der führenden Computerfachzeitschrift c't (H.-A. Marsiske, Jäger der verlorenen Daten. Mit Digitaltechnik auf den Spuren der Vergangenheit. c't 2012/5, 80-83), den sie hier als Scan herunter laden können.






Vorläufiges Programm:

Freitag 
20. Januar (An der Universität 7, Raum U7/105)

13:30 Sprecher AG CAA & Vertreter Uni Bamberg BEGRÜSSUNG
13:45 Markus Helfert / Britta Ramminger / Regula Wahl-Clerici
Mit Hightech ins Bergwerk - Nicht-invasive Untersuchungen des römischen Goldbergreviers Três Minas (Nordportugal) mit Hilfe eines terrestrischen 3D-Laserscanners
14:10 Thomas P. Kersten / Maren Lindstaedt Automatische 3D-Objektrekonstruktion aus unstrukturierten digitalen Bilddaten für Anwendungen in Architektur, Denkmalpflege und Archäologie
14:35 Thomas Reuter / Rengert Elburg Eine Methode zur 3D-Dokumentation eines komplexen Befundes anhand des frühneolithischen Brunnens von Altscherbitz
15:00 Sebastian Vetter / Gunnar Siedler Automatisierte 3D-Objektdokumentation auf der Grundlage eines Bildverbandes
15:25

Postersession
15:50
KAFFEE- / TEEPAUSE
16:15 Joyce Wittur Virtuelle  Architekturrekonstruktionen mit Mehrwert
16:40 Ulrich Lehmann Einsatz von 3D-Computertomographie am Beispiel der frühmittelalterlichen Spatha
17:05 Hendrik Jostes / Mathias Lang Standardisierte Vokabulare in archäologischen Datenbanken
17:30
MITGLIEDERVERSAMMLUNG CAA e.V.
19:00
MÖGLICHKEIT ZUM GEMEINSAMEN KNEIPENBESUCH (Scheiners am Dom, Katzenberg 2)



Samstag 21. Januar (An der Universität 7, Raum U7/105)
9:00 Peter Marchel / Heiko Peter / Radouane Ait-Jellal / Yan Dong / Almat Reusch / Haoyu Wang / Jens Orthmann / Martin Lambers / Michael Gottwald / Christoph Röder / Udo Recker
Zusammenführung und Darstellung raumbezogener archäologischer Daten aus dem Forschungsprojekt „Laubacher Wald“ in einer virtuellen Umgebung
9:25 Jörg Nowotny Analysen im dreidimensionalen Bereich: Burgen, Siedlungen und Landschaften in neuem Licht
9:50
Karin Göbel
Kammergräber als 3D-Puzzle
10:15
KAFFEE- / TEEPAUSE
10:40 Leandra Naef Ice Patches im Silvrettagebirge (CH/A) - Methodische Überlegungen zur alpinen Gletscherarchäologie. Eine exemplarischen Studie
11:05 Armin Volkmann Signale einer ökologischen Krise? Eine vergleichende geoarchäologische Umfeldanalyse anhand der Daten der frühen Eisenzeit bis zum Frühmittelalter im Odergebiet
11:30
Tim Kerig / K. Edinborough / S. Downey / S. Shennan
Zyklen neolithischer Wirtschaft: Eine neue und robuste 14C Chronologie europäischer Silexminen
11:55
Georg Roth
CA-Trend-Projektion: Eine neue Methode für die Relativchronologie
12:20 Sprecher AG CAA & Vertreter Uni Bamberg
VERABSCHIEDUNG
12:30

MITTAGSPAUSE
14:00
Georg Roth & Jörg Wicke / Johannes Valenta
Einführung R (Am Kranen 12, Raum H/002) / Einführung gvSIG (Am Kranen 12, Raum H/105)


Poster
Thomas Weber
Multidimensionale Skalierungen metrischer Merkmale älterpaläolithischer Abschlaginventare
András Patay-Horváth
Die virtuelle 3D Rekonstruktion des Ostgiebels des Zeustempels von Olympia
Eva Mortensen / Niels Bargfeld
3D Vermessung als ein hands-on Erlebnis in Tegea
Axel Posluschny
ArchaeoLandscapes Europe – Ein Netzwerk für Archäologie und Denkmalpflege
Florian Mauthner
Archäologische Auswertung von Geoprospektionsdaten am Beispiel zweier römischer Gutshöfe in Österreich
Irmela Herzog / Elke Nieveler
Analyse des merowingerzeitlichen Gräberfeldes von Bedburg-Königshoven




Vorträge:

Mit Hightech ins Bergwerk. Nicht-invasive Untersuchungen des römischen Goldbergreviers Três Minas (Nordportugal) mit Hilfe eines terrestrischen 3D-Laserscanners

Markus Helfert, Britta Ramminger, Regula Wahl-Clerici
Das heute als Bodendenkmal geschützte römische Goldbergwerk Três Minas bei Pouca de Aguiar in Nordportugal zählt aufgrund der fast vollständig erhaltenen Geländedenkmäler zu den bedeutendsten Beispielen der Goldgewinnung im gesamten Römischen Reich. Die reichhaltigen Gold- und Silbererze wurden vom ersten bis dritten Jahrhundert nach Christus im Tagebauverfahren sowie im Schachtbau gewonnen. Neben dem Abbau von Gold und Silber erfolgte auch eine Gewinnung von Kupfer und Blei, wodurch unter Anleitung römischer Ingenieure eine Bergkuppe nahezu komplett abgetragen wurde. Dabei entstanden zwei bis zu 120 m tiefe Erzpingen, die heute wie Krater in der Landschaft liegen. Weitere Denkmäler bezeugen die bergbaulichen Prozesse Abbau, Förderung und Aufbereitung. Hinzu kommen eine ausgedehnte Bergwerkssiedlung und ein Wasserleitungssystem mit einer Länge von 230 km. Besonders dieses spektakuläre hydraulische Abbauverfahren beeindruckte bereits Plinius den Älteren, der dieses den Werken von Giganten gleichsetzte.
Zu den bekanntesten Überresten dieses Goldbergwerkes zählt die den Besuchern des gleichnamigen Archäologischen Parks zugänglich gemachte Galeria dos Alagarmentos, eine Großraumgalerie, deren Baugeschichte und Funktion bislang noch weitgehend unbekannt ist, denn herkömmliche Vermessungsmethoden, die bislang in der Archäologie angewendet wurden, reichten in diesem komplizierten Stollen und Schachtsystem nicht aus. Insbesondere eine detaillierte Aufnahme der vielen einzelnen Abbauspuren und technischen Einrichtungen, darunter Karrenspurrillen, Nischen für die Beleuchtung und Balkenauflagen von Maschinen, waren nicht präzise und genau genug zu dokumentieren. Aus diesem Grunde wurde für die Vermessung ein terrestrischer Laserscanner eingesetzt. Im Vortrag sollen dieses Verfahren sowie erste Ergebnisse der aus den Scans resultierenden 3D-Modellationen vorgestellt werden.

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Automatische 3D-Objektrekonstruktion aus unstrukturierten digitalen Bilddaten für Anwendungen in Architektur, Denkmalpflege und Archäologie
Thomas P. Kersten, Maren Lindstaedt
Durch das stetig zunehmende Leistungsvermögen des Internets und der weiterentwickelten Computer Vision Technologien ist es jetzt möglich, die 3D-Realität von Objekten unterschiedlicher Dimensionen mit handelsüblichen digitalen Kameras als Low-Cost-Systeme für zahlreiche Anwendungen (Renovation, historische Denkmalpflege, Visualisierung, Analyse des Bauzustandes und der Beschädigung, etc.) als as-built zu erfassen. Diverse Webservices (Photofly, ARC3D) und freie verfügbare Softwarepakete (z.B. Bundler/PMVS2) können dazu benutzt werden, um 3D-Punktwolken oder vermaschte Oberflächenmodelle (3D modelliert als Polygone) einschließlich der foto-realistischen Texturierung von unterschiedlichen Objekten automatisch zu erzeugen. Diese sogenannten Low-Cost-Systeme stellen heute für die 3D-Dokumentation von Objekten in der Architektur, Denkmalpflege und Archäologie eine effiziente Alternative zu den teuren terrestrischen Laserscanningsystemen dar. Durch den Einsatz kommerzieller Digitalkameras wird bei der Aufnahme eine höhere Flexibilität und Aufnahmegeschwindigkeit gegenüber Scannern erreicht. In diesem Beitrag wird die neue Aufnahmetechnik z.B. mit einer Nikon D70/D90 bei der 3D-Dokumentation von Kulturgegenständen (historische Gebäude, Statuen/Figuren, archäologische Fundstücke, Petroglyphen, etc.) und deren Ergebnisse in verschiedenen Projekten (Katar, Äthiopien, Norwegen, Osterinsel, Deutschland, etc.) demonstriert. Nach automatischer Erstellung der Kamerakalibrierung und der Bildorientierungen eines unstrukturierten Bildverbandes werden je nach eingesetztem Webservice oder Softwarepakete aus den Bilddaten dichte 3D- Punktwolken oder gleich vermaschte Oberflächenmodelle mit Texturen generiert. Die Genauigkeit der automatisch erzeugten 3D-Modelle wird durch Vergleich mit Ergebnissen vom terrestrischen Laserscanning aufgezeigt.

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Eine Methode zur 3D-Dokumentation eines komplexen Befundes anhand des frühneolithischen Brunnens von Altscherbitz
Thomas Reuter, Rengert Elburg
Von Anfang 2008 bis Mitte 2010 fand im Landesamt für Archäologie in Dresden die Ausgrabung eines neolithischen Brunnens statt. Der im Zuge des Ausbaus des Leipziger Flughafens bei Ausgrabungen in Altscherbitz gefundene 7100 Jahre alte Anlage wurde als Block geborgen, von Leipzig nach Dresden transportiert und dort innerhalb von 28 Monaten ausgegraben. In der etwa 30m³ umfassenden Verfüllung wurden über 7500 Funde und Proben dokumentiert. Die genaue  tachymetrische Vermessung, fotografische Dokumentation und das Scannen mit dem hauseigenen 3D-Laserscanner Konica Minolta VI-910 bilden die Grundlage für die virtuelle Konstruktion des Befundes.
Mit dem Ziel zunächst nur ein 3D-Modell der Brunnenkonstruktion aufzubauen, wurde eine Methodik entwickelt, die es erlaubte, grabungsbegleitend alle Hölzer zeitnah, zerstörungsfrei und vollständig dreidimensional zu dokumentieren. Im Laufe des Projektes wuchs der Umfang der räumlichen Informationen, die in den virtuellen Brunnen integriert wurden, stetig an und der Anspruch an das dreidimensionale Modell ging schnell über die reine Visualisierung hinaus. Durch die Integrierung von Informationen z.B. der Stratigraphie, der dendrologischen Untersuchungen, Berechnungen zu Volumina von Aushüben und Verfüllung oder zur Lage aller Funde (als gescanntes Modell oder zumindest als generalisiertes Objekt), bildet das 3D-Modell jetzt eine wichtige Grundlage für die wissenschaftliche Auswertung und letztendlich der Generierung archäologischen Wissens.
Nicht nur der virtuelle Befund in seiner Gesamtheit, sondern auch die einzelnen hochauflösenden 3D-Modelle der etwa 180 Hölzer an sich haben wichtige Erkenntnisse zur Holzbearbeitung im frühen Neolithikum geliefert, die dann z.B. in praktischen Experimenten nachvollzogen wurden bzw. noch werden sollen. Die 3D-Dokumentation brachte des Weiteren eine beträchtliche Zeitersparnis bei der Katalogerstellung mit sich. So konnten die Abbildungen, der dazugehörige Holzkatalog, mit stilisierten Computergrafiken und dazugehörigen Profilen aus TroveSketch, bereits 5 Monate nach Ende der Grabung fertig gestellt werden.
Die noch laufende Aufarbeitung der gesammelten Informationen lassen weitere Erkenntnisse über Bautechnik, Holzwirtschaft und gesellschaftliche Organisation in Mitteldeutschland zur Zeit des frühen Neolithikums erwarten.
Die Präsentation stellt die entwickelte Methodik zur grabungsbegleitenden 3D-Dokumentation vor, die zurzeit auch bei einem mittelalterlichen Brunnen in Mittelsachsen und montanarchäologischen Untersuchungen im Erzgebirge erfolgreich Anwendung findet. Es werden Vorteile und Probleme aufgezeigt und Ergebnisse der laufenden Analysen vorgestellt.

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Automatisierte 3D-Objektdokumentation auf der Grundlage eines Bildverbandes
Sebastian Vetter, Gunnar Siedler
Die stereoskopische Aufnahme von Objekten bietet die Möglichkeit einer dreidimensionalen Objekterfassung sowie einer anschließend maßstabsgerechten Projektion der Objektoberfläche auf eine geeignete Geometrie. Durch die Integration automatisierter Verfahren der digitalen Bildverarbeitung im orientierten Stereomodell (Matchingalgorithmen) werden 3D-Oberflächen dreidimensional erfasst.
Mit Hilfe eines automatisierten Punktsuchalgorithmus werden im Bildverband identische Punkte erkannt um Bilder zu Stereomodellen zu zuordnen. Die in den Bildern gefundenen Punkte werden sowohl für die Berechnung der relativen Orientierung eines Stereomodells als auch für die Berechnung der Nachbarschaft der Stereomodelle verwendet.
Unter Verwendung von geeigneten Filterstrategien kann die relative Orientierung automatisch berechnet werden, wobei fehlerhafte Punkte entfernt werden. Mit Hilfe von 3D-Passpunkten oder einer Strecke am Objekt bzw. der Kamerabasis wird das Stereomodell absolut orientiert.
Mit einem Expansions- und Matchingalgorithmus wird die Objektoberfläche im Stereomodell automatisch „gescannt“. Die erzeugten Teilpunktwolken – je Stereomodell eine – können dann mit dem integrierten Iterative Closest Point-Algorithmus (ICP) zueinander transformiert und anschließend zu einer Gesamtpunktwolke zusammengeführt werden.
Im nächsten Schritt wird die 3D-Punktwolke mit dem integrierten Triangulationalgorithmus trianguliert. Das dabei erzeugte digitale Oberflächenmodell (DOM) kann mit den für das „Scannen“ der Objektoberfläche verwendeten Bildern texturiert werden.
Das Oberflächenmodell dient außerdem als Grundlage für Abwicklungen oder Orthoprojektionen der Objektoberfläche auf eine geeignete Geometrie, im einfachsten Fall auf eine Ebene.
Unter Verwendung von Digitalen SLR Kameras mit Vollformatsensor kann eine hohe Genauigkeit erzielt werden.
Ein großer Vorteil ist die Möglichkeit, die Qualität und Genauigkeit der 3D-Objektdokumentation durch die Auflösung der Bilder zu steuern. Das hier beschriebene Verfahren wurde im Rahmen eine Entwicklungsprojektes in metigo3D möglich.


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Virtuelle  Architekturrekonstruktionen mit Mehrwert
Joyce Wittur
Es werden immer mehr computergestützte Rekonstruktionen erstellt und in Museen, Fernsehbeitragen, im Internet oder auf anderen Medien dem Publikum präsentiert. Viele dieser Rekonstruktionen erwecken mit oftmals fotorealistischen Bildern den Eindruck, als ob jeder Teil des dargestellten Gebäudes mit der gleichen Wahrscheinlichkeit rekonstruiert werden könnte. Dies ist natürlich nicht der Fall.
Das heterogene und bruchstückhafte Ausgangsmaterial (archäologische Funde und Befunde, Texte, Bilder, Analogien) bietet viel Raum für Unsicherheiten und alternative Interpretationen. Um den Betrachter über diesen Umstand zu informieren, wäre es sinnvoll, diese Informationen in das Modell zu integrieren und anzuzeigen. Besonders virtuelle Rekonstruktionen bieten viele Möglichkeiten, da sich bei ihnen mit verschiedenen Darstellungsmodi, Interaktivität oder der Integration von Zusatzinformationen arbeiten lässt.
Die Art, wie die Modelle präsentiert werden sollten, um den Betrachter über Unzulänglichkeiten des Modells zu informieren, hängt aber nicht nur vom vorhandenen Ausgangsmaterial  und dessen Interpretation, sondern auch vom angestrebten Anwendungsgebiet der Rekonstruktion ab.
An Hand von Beispielen sollen verschiedene Anwendungsgebiete vorgestellt werden, genauso wie Möglichkeiten um auf Unsicherheiten, verwendetes Quellenmaterial und alternative Rekonstruktionen hinzuweisen.
Grundlage für eine solche „ethische“ Darstellung ist ein systematisches Vorgehen beim Erstellen der Rekonstruktion. Nur wenn die Ausgangsdaten, deren Bewertung und Einschätzung, die Interpretationen und weiterführenden Entscheidungen gut dokumentiert sind, können Unsicherheiten, Alternativen und Abhängigkeiten im Modell sicher identifiziert werden.
Dies kann auch als Mittel zur Qualitätssicherung dienen. Zusätzlich kann die Dokumentation hilfreich sein, wenn Änderungen am Modell durchgeführt werden sollen oder um Strategien zur Datenerhaltung zu entwickeln. Auch hierauf soll im Vortrag eingegangen werden.

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Einsatz von 3D-Computertomographie am Beispiel der frühmittelalterlichen Spatha
Ulrich Lehmann
Die 3D-Computertomographie kommt in der Archäologie in erster Linie dann erfolgreich zum Einsatz, wenn kleine bis mittelgroße Konglomerate aus verschiedenen Bestandteilen zerstörungsfrei untersucht werden sollen. Die Spanne der möglichen Objekte für einen solchen Scan reicht von eingegipsten Blockbergungen bis zu filigranen Schmuckstücken. Das nach den Messungen erstellte digitale 3D-Modell gibt die räumliche Beziehung der im Konglomerat enthaltenen Elemente oder Gegenstände anhand der jeweiligen Dichte der Materialien an. Bei vielen Stoffen liefert die Untersuchung bereits sehr gute Ergebnisse, Edelmetalle erzeugen jedoch derzeit eine relativ starke bildliche Verzerrung.
Die fast ausschließlich aus Gräbern stammende frühmittelalterliche Spatha weist eine aus verschiedenen Bestandteilen hergestellte Klinge und zumeist Reste von organischen Materialien der Schwertscheide und des Griffes auf. Durch herkömmliche Untersuchungsmethoden (Röntgen, Mikro- und Makroskopie) sind Abfolge und Aufbau der Schichten im Grunde nicht – vor allem nicht zerstörungsfrei – zu rekonstruieren. Diese Funde bieten sich daher in besonderem Maße für eine 3D-Computertomographie an.
Anhand von Röntgenbildern wird ein günstiger Bereich des Fundes für die Messung ausgewählt. Je kleiner dieser ist, desto höher ist die Auflösung des später errechneten 3D- Modells. Bei einem würfelförmigen Untersuchungsfeld von etwa 6 cm Kantenlänge – das entspricht zumeist der maximalen Klingenbreite – beträgt die Kantenlänge der Voxel, aus denen das digitale Modell aufgebaut wird, nicht mehr als 0,05 mm.
Das 3D-Modell dient als Grundlage für die anschließende Bearbeitung. Es kann in jeder beliebigen Achse geschnitten werden. Für die Interpretation der frühmittelalterlichen Spatha hat sich die Erstellung von Graustufenschichtbildern des Quer-, Längs- und Frontschnitts in möglichst geringem Abstand als günstig erwiesen. Zu Slideshows oder Filmen arrangiert geben die Bildstapel einen Eindruck der Verteilung der unterschiedlichen Materialien, aus dem sich Aufbau und eventuell auch Herstellungsweisen von Klinge, Griff und Schwertscheide ableiten lassen.
Diskussionspunkte stellen weitere Verwendungsmöglichkeiten der 3D-Modelle, etwa durch Einfärben der verschiedenen Dichten, sowie die Präsentation der Ergebnisse in Printmedien und die Bereitstellung der großen Datenmengen dar.

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Standardisierte Vokabulare in archäologischen Datenbanken
Hendrik Jostes, Mathias Lang
Semantische Referenzmodelle wie das CIDOC-CRM werden seit Jahren als Allheilmittel für die Verbindung und Beschreibung heterogener Datenstrukturen in der Archäologie angepriesen. Diese gewährleisten zwar eine Interoperabilität der Klassen und Relationen zwischen unterschiedlichen Systemen, tragen aber kaum zu einer inhaltlichen Erschließung der Datenbestände bei. So können sich zwar unterschiedliche Datenbanken darüber austauschen, wo Typologien und Klassifikationen im jeweiligen System vorgehalten werden, wie diese sich jedoch inhaltlich zueinander verhalten, kann jedoch kaum in der notwendigen Tiefe abgebildet werden.
Eine Interoperabilität auf dieser inhaltlichen Ebene kann nur durch ein kontrolliertes Vokabular erreicht werden, welches in das semantische Gerüst der Ontologie eingebunden ist. Ein herkömmlicher Thesaurus ist jedoch kaum in der Lage diese Anforderung zu erfüllen, ist er in seiner Gestaltung doch stets monohierarchisch und einsprachig. Wir haben uns daher entschieden, einen SKOS-XML-Thesaurus zu implementieren, der für diese Aufgabe weit besser geeignet erscheint.
Das vom W3C spezifizierte SKOS (Simple Knowledge Organization System; http://www.w3.org/2004/02/skos/) ermöglicht die einfache Veröffentlichung und Kombination kontrollierter, strukturierter und maschinenlesbarer Vokabulare für das Semantic Web sowie die eindeutige Identifizierung der einzelnen Begriffe im Internet durch URIs (Universal Resource Identifiers) in standardisierter Form. Bestehende Vokabulare können leicht um weitere Sprachen und Synonyme erweitert werden, ohne strukturelle Änderungen an der Struktur des Thesaurus vorzunehmen. Dies ist möglich, da sich Relationen stets auf das Konzept eines Begriffes und nicht auf den Begriff selbst beziehen. Somit kann jedem Konzept eine beliebige Anzahl alternativer Begriffe zugeordnet werden, welche automatisch die Relationen des Konzeptes erben.
Durch diese Funktionalität kann der Thesaurus leicht an die Bedürfnisse der einzelnen Systeme angepasst werden. Wird beispielsweise in den verschiedenen Datenbanken ein Begriff, ein Name oder ein Toponym in unterschiedlicher Schreibweise oder Sprache (Artemis-Tempel Artemistempel; Köln – Cologne – Colonia – Kölle) verwendet, so können sämtliche Schreibweisen zu einem Konzept zusammengefasst und gemeinsam verarbeitet werden.
Für die Verwendung von SKOS sprach auch die Möglichkeit, polyhierarchische Vokabulare anzulegen. Für jedes Konzept können beliebig viele Überordnungen vorgesehen werden. So ist es problemlos möglich, das Konzept „Messer“ sowohl unter „Waffe“ als auch unter „Küchengerät“ abzulegen.
Im Rahmen unseres Vortrags werden wir die Grundlagen und die Möglichkeiten, aber auch die Probleme eines SKOS-Thesaurus an einer exemplarischen Implementierung eines umfangreichen Vokabulars zur Archäologie des Mittelmeerraumes diskutieren. Des Weiteren werden wir ein von uns im Rahmen eines studentischen Projektes entwickeltes Werkzeug besprechen, das die Erstellung und Verwaltung der Vokabulare gegenüber den bisherigen Möglichkeiten stark vereinfacht.
Abschließend wollen wir einen Diskurs über die Möglichkeiten der Verwaltung gemeinsamer SKOS-Vokabulare, bzw. den Austausch von solchen Thesauri anstoßen. Aufgrund seiner standardisierten und maschinenlesbaren Form bietet sich SKOS für ein solches Vorgehen im besonderen Maß an.

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Zusammenführung und Darstellung raumbezogener archäologischer Daten aus dem Forschungsprojekt „Laubacher Wald“ in einer virtuellen Umgebung
Peter Marchel, Heiko Peter, Radouane Ait-Jellal , Yan Dong, Almat Reusch, Haoyu Wang, 
Jens Orthmann, Martin Lambers, Michael Gottwald, Christoph Röder, Udo Recker
Die digitale Dokumentation und Darstellung archäologischer Funde und Befunde gilt heutzutage als Standard bei jeder wissenschaftlichen Arbeit. Dazu zählen unter anderem Höhenmodelle des Geländes, 3D-Modelle von Funden, entzerrte und georeferenzierte Fotos und Pläne, Luftbilder sowie geophysikalische Messungen und verschiedene thematische Karten.
In diesem Vortrag beschreiben wir ein System um solche verschiedenartigen Daten in einer gemeinsamen virtuellen Umgebung zusammenzuführen und in ihrem räumlichen Bezug zueinander in einem Virtual Reality (VR) Labor zu explorieren. Dabei steht nicht nur die Navigation im Vordergrund, sondern auch die Interaktion, z.B. durch das Platzieren von Objekten oder das Wechseln von Karten. Diese Eigenschaft unterscheidet das System von existierenden Ansätzen. Neben der Entwicklung interaktiver Bedienkonzepte zählen auch die Datenfusion und die Verwaltung großer Datenmengen zu den informationstechnischen Herausforderungen.
Das System wird in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege Hessen im Rahmen einer studentischen Projektgruppe an der Universität Siegen entwickelt. Als Anwendungsbeispiel dient die ca. 20 km² umfassende Fläche der LiDAR Befliegung des „Laubacher Waldes“ in der Gemeinde Laubach, Kreis Gießen.  Die bereits durch zahlreiche Grabungen und Prospektionen in den letzten Jahren erforschte Region ist reich an gut erhaltenen mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Bodendenkmälern.
Der Basisdatensatz, die 3D-Abbildung der Landschaft, besteht aus einem Höhenmodell welches mit LiDAR-Messungen aufgenommen wurde. Luftbilder und thematische Karten werden als Textur auf diese Landschaft gelegt und können beliebig kombiniert werden. So kann ein Untersuchungsgebiet in verschiedenen Ansichten (Luftbilder, topographische Karte, Bodenkarte, usw.) dargestellt werden ohne den Blickwinkel zu ändern. Gerade durch die Kombination von verschiedenen Daten in einer Darstellung ergibt sich ein Mehrwert für die wissenschaftliche Betrachtung: Das Nebeneinander von Informationen weicht der Möglichkeit, Daten zu vergleichen, daraus gewonnene Ergebnisse zu verschneiden und neue Schlüsse zu ziehen. Das VR-System übernimmt dabei das Matching von Daten und Höhenfeld mit Hilfe der Georeferenzdaten. Damit wird sichergestellt, dass die Karteninhalte unabhängig ihres Maßstabes der richtigen Position auf der Fläche zugeordnet werden.
Aufgrund der großen Datenmenge werden Kartensegmente in Abhängigkeit der Position des Betrachters detailvariabel dargestellt. Dies geschieht, um nicht an Hardwaregrenzen zu stoßen, wie etwa einem zu kleinen Arbeitsspeicher oder einer zu langsamen Grafikkarte. Weiter entfernte Kartensegmente werden mit einer niedrigeren, nahe in einer höheren Detailstufe gezeichnet.
Für die effiziente Arbeit mit Daten sind diverse genormte Markierungen von Nöten, um besondere Gebiete wie z.B. Wege, Gewässer, Bergbauspuren, natürliche und anthropogen angelegte Böschungen, Ackerterrassen und weitere Plätze, die von archäologischer Bedeutung sind, hervorzuheben. Die Software erlaubt es diese Marker interaktiv auf der Karte zu platzieren und bearbeitete Karten zusammen mit den platzierten Markern zu speichern. Des Weiteren besteht die Möglichkeit nach Markern zu filtern. Die Anzeige kann so auf bestimmte Symbole begrenzt werden.
Derzeit erlaubt das interaktive System die Navigation über mehrere Karten, das Markieren von Fundstellen sowie das Speichern und das Laden der erarbeiteten Szene. Im weiteren Verlauf des Projekts ist geplant, die Marker um Kontextinformationen, wie textuelle Fundortbeschreibungen oder das Einzeichnen und Vermessen von Wegstrecken bzw. Flächen, zu erweitern. Eine individuell einstellbare Lichtquelle soll es ermöglichen, kleinste Erhebungen sichtbar zu machen.

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Analysen im dreidimensionalen Bereich: Burgen, Siedlungen und Landschaften in neuem Licht
Jörg Nowotny
Stetig leistungsfähigere Hardwareressourcen und die Entwicklung immer komplexerer Softwarelösungen für den Bereich der Geoinformation eröffnen der Archäologie völlig neue Dimensionen. Die Vielfalt der zur Verfügung stehenden Rohdaten ermöglichen dabei immer detailliertere virtuelle Auswertungen archäologischer Projekte. Lag der Fokus zu Beginn der Nutzung von CAD- oder GIS- Software ausschließlich auf der zweidimensionalen Analyse, so können nunmehr ganze Grabungen auch im dreidimensionalen Raum projiziert werden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Datengrundlage in Form von Altgrabungen oder aktuellen Projekten vorliegt. Exemplarisch sollen für den Workshop als Altgrabung die in den 1930er Jahren durchgeführten Arbeiten an der sächsischen Burganlage „Stellerburg“ in Dithmarschen vorgestellt werden. Hier war es möglich, knapp 16000 Objekte aus 750 Einzelplänen herauszuarbeiten und sie sowohl zwei- als auch dreidimensional zu projizieren. Die Auswertung im dreidimensionalen Bereich ermöglichte die Herausarbeitung weiterer möglicher Befunde auch in den Grabungsbereichen, in denen keine oder nur sehr wenige Informationen aus den Plana zu entnehmen waren. Zum ersten Mal konnte neben der 1943 publizierten nördlichen Toranlage auch das Osttor der Burg erfasst und rekonstruiert werden. Ebenso einmalig sind die Ergebnisse, die die dreidimensionale Erfassung und Visualisierung der beiden durch das Burginnere führenden Bohlenwege erbracht haben. Die Ergebnisse der GIS- Aufarbeitung zeigen deutlich das Potential, das an Erkenntnisgewinn im Vergleich mit älteren Auswertungen steckt. Sie wurden im Rahmen einer Promotion von Thorsten Lemm, M.A. angefertigt.
Für die Nutzung von 3D in einem weitaus kleinräumigeren Projekt steht die Aufarbeitung der jüngsten Siedlungsgrabung in Haithabu, welche von 20052009 stattgefunden hat. Auch hier ermöglicht die Kombination der zweiten mit der dritten Dimension völlig neue Perspektiven der Bearbeitung. So lassen sich nicht nur die Plana Schicht für Schicht visualisieren, sondern auch die Konstruktionsweisen der angetroffenen Grubenhausbefunde. Es konnte die Siedlungsstruktur und die Siedlungsdynamik eines vermutlich überwiegend handwerklich genutzten Areals der Siedlung erfasst werden: die sich um einen freien Platz gruppierenden Grubenhäuser, die beiden Brunnen zur Wasserversorgung, die Grubenkomplexe und nicht zuletzt die regelhafte Anlage des Wegenetzes.
Einen kleinen Einblick sozusagen unter die Wasseroberfläche gibt die 3D-Visualisierung von Fundstellen der Ertebølle-Kultur im Bereich des Kieler Hafens, die im Zuge der ab den 1880er Jahren durchgeführten umfangreichen Baumaßnahmen von Werft und Marineanlagen auf dem Ostufer der Kieler Förde zutage kamen. Dafür konnten Unterlagen von 1883 herangezogen werden, die den damaligen Küstenverlauf und die Landschaft unter der Wasseroberfläche aufzeigten. Ein Vergleich mit aktuellen Daten zeigt die ungeheuren Veränderungen der vergangenen 130 Jahre im Bereich des Kieler Hafens und hilft bei der Suche nach weiteren Hinweisen zu dieser Kultur. War auf der Kartierung von 1883 noch eine wahrscheinlich weichselzeitliche Moräne der letzten großen Vergletscherung vorhanden, so ist diese heute fast vollständig verschwunden. Eine vermutliche Auskolkung nach Durchbruch von Schmelzwasser durch diese Moräne,1883 noch 32 Meter tief, ist bis auf 20 Meter aufgefüllt. Dynamische Veränderungen zeigt auch der Küstenverlauf, der auch auf dem Westufer heute ein deutlich anderes Gesicht zeigt als noch vor 130 Jahren.

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Kammergräber als 3D-Puzzle
Karin Göbel
In den letzten Jahren hatte ich die Gelegenheit, die Grabungsdokumentationen der Kammergräbern aus Neudorf-Bornstein aus Schleswig-Holstein (3. Jh. n. Chr.), aus Poprad- Matejovce in der Slowakei (Ende 4.Jh. n. Chr.) oder die Gräber aus Pilgramsdorf/Pielgrzymka (3. Jh. n. Chr.) aus Polen in ein GIS zu überführen. Anhand dieser Beispiele lassen sich eindrucksvoll die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen von ArcGIS aufzeigen.
Dabei spielt die 3D-Visualisierung immer eine entscheidende Rolle. Auf diese Weise können die dokumentierten Funde und Befunde wieder an ihrer ursprünglichen Position gezeigt werden. Fehlende Höheninformationen lassen sich häufig durch Profilzeichnungen oder anhand von Fotos, auf denen die Position der Teile zueinander sichtbar ist, ermitteln. Die Arbeit erfolgt im Gegensatz zu einer Ausgrabung systematisch von unten nach oben. Erst nach dem Zusammenfügen sämtlicher dokumentierter „Puzzlesteine“, sollte mit der Rekonstruktion fehlender Teile begonnen werden. Bereits vorhandene „Rekonstruktionen“ von den Gräbern sind in dieser Phase eher störend, da diese die objektive Wahrnehmung beeinflussen können. Sie sollten erst zum Abschluss Berücksichtigung finden.
Durch die Überführung in ein geografisches Koordinatensystem wird der Blick in die Umgebung der Gräber gelenkt. Nicht nur die Position der Gräber zueinander, sondern ihre Lage in der damaligen Landschaft mit den dazugehörigen Siedlungen, Wegen und Kultplätzen gewinnt an Bedeutung. Für die Landschaftsanalysen stehen mittlerweile zahlreiche Werkzeuge, wie z. B. Sichtbarkeits- und Wegstreckenanalysen zur Verfügung. Moderne Höhenkarten sollten dafür nur in Kombination mit altem Kartenmaterial unter Berücksichtigung der möglichen geomorphologischen Prozesse und menschlichen Aktivitäten genutzt werden. Pollendiagramme geben Hinweise auf den möglichen Bewuchs. Erst durch das Zusammenfügen sämtlicher vorhandener Puzzlesteine lässt sich sicherlich auch dann noch sehr schemenhafte Vorstellung über die Menschen gewinnen, die vor so langer Zeit in diesen Gräbern bestattet wurden.

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Ice Patches im Silvrettagebirge (CH/A) - Methodische Überlegungen zur alpinen Gletscherarchäologie. Eine exemplarischen Studie
Leandra Naef
Obwohl seit dem Sensationsfund „Ötzi“ bereits 20 Jahre vergangen sind und das rapide Abschmelzen der alpinen Gletscher bestens bekannt ist, wurden in Europa bislang kaum methodische Grundlagen für eine systematische alpine Gletscherarchäologie entwickelt.
Im Rahmen eines Forschungsseminars zur „Landschaftsarchäologie“ (Prof. K. Lambers & Prof. Ph. Della Casa) setzte sich im Frühjahr 2011 eine Projektgruppe der Abteilung Ur- und Frühgeschichte der Universität Zürich eine Kartierung von alpinen Ice Patches mit erhöhtem archäologischem Fundpotenzial zum Ziel. Diese wertvollen Fundarchive sollen für die Beantwortung von Fragen zur prähistorischen und historischen Landschaftsnutzung im Speziellen zu Kommunikationskorridoren und zur Ausbeutung von Jagdressourcen in einer hochalpinen Region erschlossen werden, bevor sie der Zerstörung bzw. dem Abschmelzen zum Opfer fallen. Das untersuchte Testgebiet ist Teil der Silvrettagruppe im Schweizerisch-Österreichischen Grenzgebiet und umfasst den Übergangsbereich zwischen den drei Tälern Val Urschai/Val Tasna, Val Fenga/Fimbatal und dem Jamtal.
Um das Fundpotenzial von Ice Patches in diesem Gebiet evaluieren zu können, wurde ein auf Literaturrecherchen und Expertenwissen basierender Kriterienkatalog erstellt. Erfasst wurden Faktoren, welche die Wahrscheinlichkeit für das Vorkommen von Funden und deren Erhaltung in Ice Patches positiv beeinflussen. Die Visualisierung dieser Faktoren bzw. Kriterien fand mit dem Programm ArcGIS statt. Luftbilder, Geländemodelle, historische Gletscherstände, topographische Karten sowie moderne und historische Wegkarten bildeten die Grundlage für die Kartierung. Das Resultat ist ein priorisiertes Vorhersagemodell (‚predictive model’), nach dem im Spätsommer 2011 ausgewählte Ice Patches systematisch prospektiert wurden.
Diese exemplarische Untersuchung soll im Rahmen meiner MA-Arbeit u.a. mit Hilfe eines automatisierten GIS-Modells – weiterentwickelt und auf ein grösseres Untersuchungsgebiet (Kanton Graubünden, CH) angewendet werden. Ziel ist es, auf diesem Weg für die Zukunft ein gezieltes Monitoring vielversprechender Eisflächen zu gewährleisten sowie eine methodische Grundlage für eine systematische alpine Gletscherarchäologie zu schaffen.
(Online-Artikel im Rahmen des Forschungsseminars „Landschaftsarchäologie“; vor den Feldbegehungen publiziert, 22.06.11: http://www.prehist.uzh.ch/onlineart/SilvrettaIcePatches1.htm)

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Signale einer ökologischen Krise? Eine vergleichende geoarchäologische Umfeldanalyse anhand der Daten der frühen Eisenzeit bis zum Frühmittelalter im Odergebiet
Armin Volkmann
Im Rahmen der Studie wurde eine flächendeckende und vor allem systematische Umfeldanalyse  (Site Catchment Analysis) der Fundstellen der frühen Eisenzeit bis zum slawischen Frühmittelalter in der Oderregion angewandt. Dazu wurde ein neues methodisches Konzept entwickelt, wobei innerhalb eines normierten Schlüssels der Geoinformationen die Daten zur folgenden kartographischen und statistischen Analyse erhoben wurden. Als Datenbasis konnten durch entsprechende Kooperationspartner der Fachbehörden hoch detaillierte, nicht frei verfügbare Datensätze und digitale Kartenbestände standardisiert ausgewertet werden. Daneben wurden aber auch als geoarchäologische Synthese die archäologischen Fundstellenmeldungen in den Archiven und in der relevanten Fachliteratur als Datenbank und Katalog grenzüberschreitend zusammengeführt. Im Rahmen dessen erfolgte eine intensive Auseinandersetzung mit dem vorliegenden Fundmaterial. So entstand ein ganz neues, erstaunlich dichtes Fundstellenbild. Für alle Fundstellen wurde die Fundstellenart und -datierung intensiv geprüft, da eine möglichst feinchronologische Datenbasis eine unabdingbare Grundlage für die folgende Umfeldanalyse war.
So wurde ein überarbeitetes Chronologiesystem für die frühe Eisenzeit bis zum slawischen Frühmittelalter für die Oderregion entwickelt. Neben der sehr wichtigen Feindatierung der Fundstellen wurden auch deren Fundlage und -umstände kritisch beleuchtet und exakt korrigiert, da diese selektiven Faktoren stark auf das Fundstellenbild des Abschnitts der siedlungsarchäologischen Studie wirken. Im Rahmen dieser Quellenkritik wurde des Weiteren auf die Forschungsgeschichte eingegangen, die den Forschungsstand grundlegend prägte. Innerhalb dieser wurden insbesondere auf der Mikroebene neueste Untersuchungen zum Siedlungsaufbau und zu Hauskonstruktionen der Völkerwanderungszeit im Odergebiet vorgestellt.
Die GIS-Analyse ist in vier verschiedene methodische Ansätze unterteilt worden. Als erste GIS-Untersuchung erfolgte eine Umfeldanalyse, der topographischen Lage, des Bodens und weiterer geoökologischer Parameter bei der die Geodateninformationen in einem wahrscheinlichen Aktionsradius um die jeweiligen Siedlungen der einzelnen Stufen aufgenommen und statistisch ausgewertet wurden. So konnten statistisch signifikante „Klimaproxys“ zum relativen Feuchteindex und Temperaturverlauf des Paläoklimas herausgestellt werden. Des Weiteren wurden die dezidierenden Standortfaktoren des Bodens und des geoökologischen Siedlungsumfelds sowie verzerrend wirkende anthropogene und natürliche Überprägungen diskutiert. Die ökologischen Zeigerwerte wurden in Transformationsverfahren hinsichtlich ihrer Verwertbarkeit und Aussagekraft für Belange von prähistorischen, agrarisch orientierten Kulturen, in prägnanten Klassen neu zusammengestellt und auf Klimasignale überprüft. Zur Gewährleistung der Nachvollziehbarkeit und klaren Belegbarkeit der Ergebnisse wurde auf komplexere, analytisch beschreibende, stochastische Verfahren verzichtet. Die identifizierten Klimasignale stellen dabei keine absoluten Daten dar, sondern es handelt sich um indirekte, relative Daten, die jeweils vergleichende Aussagen zur vorhergehenden und folgenden Zeitstufe zulassen.
Innerhalb der GIS-Untersuchung wurde anschließend die Fundstellenlage, jeweils nach den einzelnen Fundstellenarten, in den jeweiligen Zeitstufen im geographischen Raum kartographisch erforscht. Der dritte GIS-Teil analysierte, basierend auf Voronoi-Diagrammen der Fundstellenkartierungen als prähistorische Raummodelle, die Raumkonzepte im zeitlichen Verlauf. Darüber hinaus wurden viertens der Nutzen und das Potential von fernerkundlichen Methoden sowie historischen Kartenwerken untersucht.
Zum Schluss konnte anhand von vergleichenden Klimaforschungen, der Palynologie, Dendrochronologie, der Gletscherstände und Eisbohrkern Isotop-Analysen, der paläohydrologischen Flußpegel und der mathematischen Modelle zur Errechnung der Paläotemperatur, die im Rahmen der GIS-Umfeldanalyse herausgestellten Klimasignale überprüft und diskutiert werden. So wurde die Wahrscheinlichkeit und Prägnanz der hier erarbeiteten Umfeldanalyse und deren besonderer feinchronologischer Wert signifikant belegt.

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Zyklen neolithischer Wirtschaft: Eine neue und robuste 14C-Chronologie europäischer Silexminen
Tim Kerig, K. Edinborough, S. Downey, S. Shennan
Zu den beeindruckendsten neolithischen Kulturerscheinungen gehören zweifellos Bergwerke. Wir werden ein Modell der Abbautätigkeit der europäischen Silexbergwerke (aus England und Schottland, Frankreich, den Beneluxstaaten, Deutschland, der Tschechischen Republik, der Schweiz, Schweden und Dänemark, Polen, Weissrussland und Litauen) vorstellen. Grundlage dieses Modells sind kalibrierte 14C-Daten. Eine neue Methode erlaubt die Zusammenfassung dieser Daten in einer Kurve mit zugehörigem Konfidenzintervall. Dieses Konfidenzintervall berücksichtigt sowohl Maschinen-/Laborfehler als auch die durch die Kalibrationskurve gegebenen Unsicherheiten. In die Berechnungen gingen insgesamt 518 Radiocarbondaten von 57 Fundorten ein. Der Rechenweg wird kurz vorgestellt, wobei u.a. Markov-Ketten-Monte-Carlo (MCMC) Verfahren und LOESS Modelling zum Einsatz kommen. Das Ergebnis ist dann eine Schätzung für den Mittelwert und ein 95% Konfidenzintervall.
Wir argumentieren, dass diese Daten als Schätzwerte für die Intensität der Abbautätigkeit im Laufe der Zeit verwendet werden können und dass dabei wesentliche Trends der europäischen Wirtschaftsentwicklung im Zeitbereich 6000 calBC bis 2000 calBC erkennbar werden. Diese Trends entsprechen zeitlich den kulturhistorischen Perioden des zentraleuropäischen Neolithikums (Alt-, Mittel-, Jung-, Spät- und Endneolithikum); auch können diese Trends zu Anzeigern (Proxies) für Bevölkerungszahlen in Relation gesetzt werden.
Wir interpretieren die Schwankungen der Aktivitäten im Bergbau als Schwankungen in der Intensität neolithischer Austauschbeziehungen.
Die Arbeiten wurden ermöglicht durch den ERC Advanced Research Grant #28973498237.

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CA-Trend-Projektion: Eine neue Methode für die Relativchronologie
Georg Roth
Der Vortrag behandelt die verbesserte relativchronologische Auswertung einer Korrespondenzanalyse (CA) durch die Ermittlung ihres Trends und seiner Verwendung zur Ähnlichkeitsanordnung.
Die CA ist ein Standardverfahren zur Ermittlung von Relativchronologien. Die interessierenden Befunde erscheinen dabei in den Zeilen, die Typen in den Spalten einer Tabelle. Bei der CA-Anwendung erhofft der Archäologe eine annähernd parabelförmige Wolke der Zeilenpunkte in der Ordinationsgrafik, weil dies auf einen gleichförmig wirksamen Kausalgradienten – die Zeit – hinweist. Der Zeilenpunkt-Abstand in der Grafik (dem sog. Biplot) entspricht weitestgehend der Unähnlichkeit der Zeilenpunkte
(M. Greenacre, Correspondence Analysis in Practice (London 2007), 71; D. Borcard/Fr. Gillet/P. Legendre, Numerical Ecology with R (New York u.a. 2011), 132f). Der Trend der (Un-) Ähnlichkeit verläuft nun im Biplot entlang einer gedachten Mittelachse der Parabelwolke. Bisher wurden die Zeilenpunkt-Koordinaten auf der ersten CA-Achse als Repräsentation der chronologischen Abfolge verwendet. Eine Projektion der Zeilenpunkte auf die gedachte Mittelachse erlaubt eine vollständigere Nutzung des CA-Ergebnisses.
Das Verfahren beruht auf der Verwendung der statistischen Programmieroberfläche R
(R Development Core Team, R: A language and environment for statistical computing. R Foundation for Statistical Computing (Vienna 2011); http://www.R-project.org). Zunächst wird mit dem Paket „ca“ (M. Greenacre/O. Nenadic, ca: Simple, Multiple and Joint Correspondence Analysis. R package version 0.33 (2010). [CRAN.R-project.org/package=ca]) eine Korrespondenzanalyse berechnet. Nun berechnet man mit einem Loess-Schätzer (W. Cleveland/S. Devlin, Locally Weighted Regression: An Approach to Regression Analysis by Local Fitting. Journal of the American Statistical Association 83 (Nr. 403), 1988, 596–610) die Parabelwolken-Mittelachse. Dann werden die Zeilenpunkte dem nächsten Trendlinienpunkt zugeordnet. Abschließend projiziert man Trendlinie und Zeilenpunkte in eine Dimension. Diese Zeilenpunktabfolge verwendet jetzt die ersten beiden Dimensionen (Biplot-Achsen) zur Ähnlichkeitsanordnung. Das Verfahren wird anhand der von Höhn (B. Höhn, Die Michelsberger Kultur in der Wetterau. UPA 87 (Bonn 2002)) zusammengestellten Typenvergesellschaftungstabelle für Gefäßformen der Michelsberger Kultur demonstriert.

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Poster:

Multidimensionale Skalierungen metrischer Merkmale älterpaläolithischer Abschlaginventare
Thomas Weber
Altsteinzeitliche Abschläge eignen sich auf Grund ihrer Auffindung in oft großer Zahl sowie des Vorhandenseins einer begrenzten Anzahl an wohldefinierten Merkmalen für den Einsatz statistischer Auswertungsmethoden. Die Abmessungen der Stücke sowie die aus diesen abgeleiteten Formquotienten für die Gestrecktheit (Klingentendenz) sowie Flachheit (Levallois-Tendenz s. l.), der Schlagwinkel als Indiz für die benutzte Schlagtechnik und die Merkmale der dorsalen Bearbeitung als Kriterien der Materialausnutzung sind seit Jahrzehnten Gegenstand univariater Untersuchungen. Bei diesen Studien entstehen dann logischerweise so viele Bilder der Merkmalswerte von altsteinzeitlichen Fundkomplexen mit ihren Ähnlichkeiten und Unterschieden, wie es untersuchte Merkmale gibt.
Multivariate Verfahren versuchen, diese Informationen aus den einzelnen Variablen zu bündeln. Außer der Diskriminanzanalyse, die ein komplexes Abstandsmaß zwischen den Angehörigen vorgegebener Kollektive – z. B. Abschlaginventaren – zu optimieren (d. h. die Distanzen zwischen den Gruppen zu maximieren, innerhalb derselben zu minimieren) versucht, durch eine geschickte Kombination von Faktoren für die einzelnen Messwerte, kann hierfür auch die multidimensionale Skalierung (MDS) verwendet werden. Auch hier werden komplexe Abstände zwischen den einzelnen – durch eine Anzahl von Messwerten gekennzeichneten – Inventaren berechnet, aber ohne eine solche Zielvorstellung der Optimierung von Distanzen a priori klassifizierter Objekte. Es werden lediglich mehrdimensionale Abstände – mit einer Anzahl von Dimensionen entsprechend der Anzahl einbezogener Merkmale – bei einer möglichst geringen Verzerrung („Stress“) auf eine geringere Anzahl von Dimensionen (möglichst zwei zum Zwecke der graphischen Darstellung) projiziert. Anhand eines umfassenden Datensatzes steinzeitlicher Abschlaginventare werden hier die durch mehrere MDS-Algorithmen erzeugten Bilder verglichen und Hinweise zu ihrer Deutung gegeben.

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Die virtuelle 3D Rekonstruktion des Ostgiebels des Zeustempels von Olympia
András Patay-Horváth
Der Poster präsentiert die Resultate eines eben abgeschlossenen, dreijährigen Projekts, das zur Klärung einer mehr als hundertjährigen Debatte in der klassischen Archäologie gestartet wurde. Das Problem besteht in der Anordnung der einzelnen Mittelfiguren in einem Giebel, eine Lösung wurde bisher nur in zeichnerischer Form oder mit (verkleinerten bzw. lebensgrossen) Gipsmodellen versucht. Im aktuellen Projekt wurden dagegen die neuesten 3D-Technologien eingesetzt, um die alten und neuen Hypothesen zu testen. Die Fragmente wurden gescannt, die fehlenden Teile virtuell ergänzt und die daraus resultierenden 3D-Modelle wurden dann in den ebenfalls virtuell rekonstruierten ursprünglichen architektonischen Rahmen eingesetzt. Dieses 3D-Modell ermöglichte ein Experimentieren, das mit herkömmlichen Mitteln unmöglich oder zumindest äusserst aufwendig gewesen wäre.
Als Ergebnis der Experimente konnte festgestellt werden, dass zwei von den vier theoretisch vorstellbaren (und bisher aus verschiedenen Gründen befürworteten) Rekonstruktionen aus räumlichen und ikonographischen Gründen mit grösster Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden können. Die heutzutage allgemein akzeptierte Rekonstruktion stellte sich als die unwahrscheinlichste Lösung heraus.
Zum Projekt ist auch eine zweisprachige CD-ROM erschienen, die die Problematik, die Forschungsgeschichte, das Projekt und die 3D-Modelle in überschaubarer Form präsentiert und als Ergänzung zum Poster eingesehen werden kann.

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3D-Vermessung als ein hands-on Erlebnis in Tegea
Eva Mortensen, Niels Bargfeldt
Dieses Poster präsentiert eine Methode komplexe archäologische Befunde durch 3D Vermessung zu erfassen. Das hellenistische Theater in Tegea (Griechenland), das im Sommer 2011 neu gezeichnet wurde, wird hier als Fallbeispiel verwendet, um die Möglichkeiten dieser Methode zu verdeutlichen. Die Methode erfordert zwei Personen und eine Totalstation. Eine Person misst mittels der infraroten Einstellungen der Totalstation Festpunkte, die von der anderen Person mit einem Reflektor ausgewählt werden. Verglichen mit dem Stand der modernsten 3D Scanner, ein-Mann-bedienten Robot-Systemen und GPS, mag die Methode vielleicht als ein Rückschritt erscheinen. Einige Aspekte machen die Methode jedoch sehr attraktiv. Vor allem wird das hands-on Erlebnis bewahrt. Wie bei früheren traditionellen Handzeichnungen ergibt sich die Möglichkeit ergänzende Beobachtungen zu machen, da sehr dicht am Fundmaterial gearbeitet wird. So können zum Beispiel Meißelspuren, Stoßspuren und abgearbeitete Hebebossen entdeckt werden. Gleichzeitig ist die Methode präzise, relativ preisgünstig und der Detaillierungsgrad kann an die verfügbare Zeit angepasst werden. Die Flexibilität der Methode gibt den Forschern die Gelegenheit ihre Arbeit an jede Situation anzupassen, ob es sich um Fundreste auf dem Land, in flachem Wasser, in einer Höhle oder unter anderen Strukturen handelt. Leichte Weiterbearbeitung in 3D Software ergibt eindrucksvolle Drahtgittermodelle, die sehr leicht zu publizieren oder in Rekonstruktionsmodellierungen einzuarbeiten sind.
Das Potential archäologisches Material in dieser Weise zu zeichnen, ist immens und es erlaubt dem Bearbeiter jede Phase des Prozesses zu kontrollieren. Mit diesem Poster möchten wir gerne einige Ergebnisse präsentieren.

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ArchaeoLandscapes Europe – Ein Netzwerk für Archäologie und Denkmalpflege
Axel Posluschny
In den vergangenen mehr als 60 Jahren hat die Luftbildarchäologie mehr neue Fundstellen zu Tage gebracht, als jede andere Prospektionsmethode. Seit einigen Jahren gehören aber auch Satellitenbildauswertung, Airborne Laser Scanning (LiDAR) und verschiedene andere Prospektionsmethoden zum Methodenkanon der Archäologie. Gemeinhin werden diese Verfahren unter dem Oberbegriff „Remote Sensing“ oder auch Fernerkundung zusammen gefasst, da sie Befunde unter der Boden- oder Wasseroberfläche berührungs- und zerstörungsfrei erfassen und dokumentieren können.
Um europaweit die Kooperation archäologischer Institutionen im Bereich moderner Prospektionsverfahren zu unterstützen und bestehende Unterschiede in der Intensität ihrer Nutzung auszugleichen, hat die EU im Rahmen des Förderprogramms Culture 2007–2013 die Förderung des Projektes ArchaeoLandscapes Europe (kurz ArcLand; http://www.archaeolandscapes.eu) beschlossen. Es ist das Ziel dieses Projektes, jede Art von Kooperation zu unterstützen, die sich mit der Verbreitung der genannten Prospektionstechniken, aber auch mit der Förderung der öffentlichen Wahrnehmung ihres Nutzens zur Erfassung und Erforschung unseres kulturellen Erbes beschäftigt. Bislang haben sich 50 Partnerinstitutionen (Museen, Denkmalpflege, Universitäten und Forschungsinstitute) aus 27 Ländern Europas sowie aus Australien dem Projektkonsortium angeschlossen, um einerseits ihre Erfahrungen und Expertisen mit einzubringen und um andererseits auch als Knotenpunkt zur weiteren Verbreitung der beschriebenen Verfahren zu dienen.
Die Ziele des ArchaeoLandscapes Projektes sollen durch die Arbeiten in acht Aktivitätsfeldern (WP1–8) realisiert werden:
  1. Entwicklung eines sich selbst tragenden ArchaeoLandscapes Netzwerks
  2. Einsatz traditioneller und innovativer Methoden zur Verbreitung von Fernerkundungstechnologien und landschaftsarchäologischen Studien
  3. Unterstützung eines europäischen Austauschs von Personen, Fähigkeiten, Erfahrungen und Wissen durch die Organisation von Projekttreffen, Workshops, Austauschprogrammen und ähnlichen Aktivitäten
  4. Unterstützung der Ausbildung in den Bereichen Remote Sensing und Landschaftsarchäologie durch Kurse für Lehrende und Studierende und durch die Einrichtung eines European Master Abschlusses in Remote Sensing and Heritage Management
  5. Erweiterung der Zugangs- und Nutzungsmöglichkeiten existierender Luftbildarchive in Europa und Bekanntmachung ihres Potentials für die Erforschung des kulturellen Erbes und für den (Kultur)Landschaftsschutz
  6. Unterstützung im Bereich Luftbildarchäologie, Fernerkundung und Landschaftsarchäologie für Länder, in denen diese Themen bislang in der Archäologie und Denkmalpflege unterrepräsentiert sind
  7. Erforschung von Laserscanningverfahren, Satellitenbildauswertung und anderen modernen Prospektionsverfahren sowie der Nutzung von (webbasierten) Geographischen Informationssystemen für Forschung, Denkmalpflege und öffentliche Bildung
  8. Bereitstellung von Unterlagen, Handbüchern und Erfahrungsberichten zur Luftbildarchäologie, Fernerkundung und Landschaftsarchäologie, besonders im Hinblick auf Denkmalpflege, Denkmalerhaltung und Denkmalmanagement.
Das Poster wird einen kurzen Überblick über die genannten Fernerkundungsverfahren geben und darüber hinaus die Projektaktivitäten vorstellen, um einen Einblick in das Projekt, aber auch in die Möglichkeiten der Teilhabe an den Projektaktivitäten zu geben.

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Archäologische Auswertung von Geoprospektionsdaten am Beispiel zweier römischer Gutshöfe in Österreich
Florian Mauthner
Auf dem Poster werden zwei römerzeitliche Anlagen in Österreich vorgestellt, welche mittels geophysikalischer Prospektion erforscht wurden. Diese Daten sollen mithilfe von Grundriss- sowie Größenvergleichen anhand von Literaturvergleichen ausgewertet werden und soweit möglich, die Strukturen funktionell und zeitlich zu fassen.
Der erste dieser Gutshöfe, jener von Antau, besteht aus zwölf Baustrukturen, welche sich um einen zentralen Hof gruppieren und woraus sich ein Wohnhaus und sowie mehrere Bauten wirtschaftlicher Nutzung erkennen lassen. Desweiteren gibt es eine durchaus interessante Baustruktur mit Säulenstellungen innerhalb einer Mauer sowie mehrere nicht näher zu definierende Strukturen.
Um die Anlage zeitlich zu fassen, wurde eine Oberflächenbegehung durchgeführt, bei welcher hauptsächlich die Metallobjekte, aber auch Keramik aufgesammelt wurde. Neben dem Datierungsansatz von 2. bis ins 4. Jh. nach Christus konnte die Auswertung der Fundverteilung auch Aufschluss über etwaige Gebäudefunktionen geben.
Der Gutshof von Zillingtal besitzt neun Bauten, die ebenfalls einen zentralen Hof umfassen und von einer zum Teil erforschten Umfassungsmauer eingegrenzt werden. Neben einem architektonisch interessanten Wohnbau und mehreren hauptsächlich wohl landwirtschaftlich genutzten Wirtschaftsgebäuden kann hier ein Badegebäude festgestellt werden.
Eine zeitliche Einordnung der Anlage vom 2. Jh. bis an den Übergang vom 4. zum 5. Jh. beruht zum einen auf architektonischen Merkmalen, andererseits auf den Funden, die im Lauf der Zeit auf dem Gebiet des Gutshofes aufgesammelt wurden. Hinzu kommt ein spätantikes Steinplattengrab, das durch eine Grabung erforscht wurde.

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Analyse des merowingerzeitlichen Gräberfeldes von Bedburg-Königshoven
Irmela Herzog, Elke Nieveler
Bei der Analyse des merowingerzeitlichen Gräberfeldes von Bedburg-Königshoven steht die Frage im Vordergrund, in welchem Verhältnis die 480 Gräber zu der nahe gelegenen Bestattung des so genannten Herrn von Morken stehen. Dazu ist es notwendig, die Struktur und soziale Entwicklung der auf dem Gräberfeld bestattenden Gemeinschaft zu rekonstruieren.
Eine Grundlage hierfür ist die bereits in den späten 1980er Jahren erarbeitete Typologie von fränkischen Grabfunden im Rheinland, die eine feinchronologische Einordnung der Grabbeigaben erlaubt. Die chronologische Analyse führte vier Datenquellen in einem GIS zusammen: (1) eine Tabelle mit Daten zu der Grabform; (2) eine Tabelle mit den Fundtypen und ihrer chronologischen Einordnung; (3) eine weitere Tabelle, die die Grabbeigaben den Fundtypen zuordnet und (4) ein mit einem Zeichenprogramm erstellter Grabungsplan.
Ein erster Schritt war die Bearbeitung des Grabungsplans, so dass die kartierten Gräber und die Tabellen mit den Sachdaten in einem GIS zusammen geführt werden konnten. Nach einer Fehlerbereinigungsphase erlaubten die GIS-Kartierungen  in kurzer Zeit – trotz des hohen, für Grabfunde dieser Zeitstellung im Rheinland aber typischen Beraubungsgrades – die komplexe chronologische Entwicklung des Gräberfeldes in weiten Teilen zu rekonstruieren. Das Poster zeigt sowohl die Schwierigkeiten bei der Datenaufbereitung als auch einige Ergebnisse der Analyse.

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